1. April – 3. April
Graz – Wien – Berlin – Kopenhagen – Malmö
Am 1. April um 17:00h steige ich in Graz in den Bus, und bin
endlich unterwegs in den Norden. Ja, ich habe mich entschieden, die ganze
Strecke mit dem Bus zu fahren, aus unterschiedlichen Gründen. Einerseits war es
unschlagbar günstig, andererseits wollte ich es einfach mal ausprobieren, die
ganze Strecke „erleben“ und nicht nur „vorbeifliegen lassen“, und überhaupt
habe ich zu Flugzeugen in den letzten Jahren ein etwas gespaltenes Verhältnis
entwickelt. Und rückwirkend kann ich sagen, dass es mehr als okay war, und ich
wahrscheinlich – ausgerüstet mit meinem MP3 – Player und einem guten Buch – ab jetzt
öfter mit dem Bus verreisen werde.
Nach ziemlich genau 24 Stunden komme ich am nächsten Tag am
späten Nachmittag in Malmö an, und nachdem mein Couchsurfing-Host erst ab
20:00h zuhause sein wird, gönne ich mir erstmal einen Kaffee und mache einen
kleinen Rundgang durch die Stadt. Ich finde Malmö schön, diese Weitläufigkeit,
die großen Plätze (später soll ich erfahren, dass es ausgerechnet die engen,
verwinkelten Gassen sind, die die Schweden an anderen Ländern schätzen), das
Licht in der Abenddämmerung.
Das Rathaus am Stortorget in Malmö - ein wahrhaftig "großer Platz" |
Abendlicht in Malmö |
Ich bin müde und k.o., aber auch absolut
euphorisch, endlich hier zu sein. Es ist zwar sonnig, aber kalt, und ich bin
ziemlich froh, meine Winterjacke mitzuhaben. Man merkt, dass der Winter in
Schweden wohl lang gewesen ist, denn die Gastgärten sind voll, alle wollen draußen
sitzen, dick eingepackt und unter Heizschwammerln, aber draußen.
Wenige Stunden später schlage ich bei Sergio, meinem ersten Couchsurfing-Host
auf, und bin erstmal fasziniert von seiner kleinen Hippiewohnung. Ich darf im
Kinderzimmer schlafen, in einer Art Zelthöhle, aus unterschiedlichen Stoffen
und Draht irgendwie zusammengebaut.
Mein außergewöhnlicher Schlafplatz für zwei Nächte |
Sergio selbst hat in seinem Wohnzimmer ein
Tipi aufgebaut, in dem eine Matratze liegt, und das ihm als Schlafzimmer dient.
Wegen der Privatsphäre, meint er. Wir trinken ein Glas Wein zusammen, und
plaudern ein wenig, bis sich die Nacht im Bus bei mir bemerkbar macht und ich
mich nach einer Dusche dankbar in meine Höhle verkrieche und mehr oder weniger
sofort einschlafe.
Das Schlafzimmer im Wohnzimmer |
Den nächsten Tag verbringe ich zur Gänze in Malmö, mit
herumspazieren, Kaffee trinken, Sonne genießen. Ich habe kein bestimmtes Ziel
und lasse mich einfach treiben, von einem Park in den nächsten, von einer Gasse
in die andere, von der Altstadt ins Industrieviertel. Und ich genieße es,
dieses Gefühl, alles zu können und nichts zu müssen.
Ein Park mitten in der Stadt |
In Bahnhofsnähe, mit Blick auf das modernere Industrieviertel |
Am Heimweg besorge ich im
Supermarkt noch ein wenig Gemüse, um das Sergio mich per SMS gebeten hat, denn
er hat spontan noch zwei ungarische Couchsurferinnen aufgenommen (die auf
seiner Couch und in seiner Hängematte übernachten dürfen) und wird für uns alle
Abendessen kochen.
Als ich beschlossen habe, in Schweden endlich mal von meinem
Couchsurfing-Account Gebrauch zu machen, da tat ich das ursprünglich in erster
Linie aus finanziellen Gründen, aber schon bald ist mir klar geworden, dass
noch viel mehr dahinter steckt. Erlebnisse, die man um viel Geld nicht kaufen
kann. Gespräche, die man sonst nicht geführt hätte. Und die Möglichkeit, in
einer Wohnung zu schlafen, die als Ganzes irgendwie ein Kunstwerk ist. Und
besonders (aber natürlich nicht nur) für Alleinreisende bietet es eine
großartige Möglichkeit, weltoffene Menschen kennenzulernen, sich von ihrem
Lebensstil inspirieren zu lassen und vielleicht sogar die ein oder andere
Freundschaft zu schließen.
4. April – 6. April
Ystad
Ich verlasse Malmö am Vormittag und mache mich mit dem Zug
auf den Weg nach Ystad. Mankell-Fans unter euch wird diese Stadt nicht ganz
unbekannt sein, es ist die Heimat von Kommissar Kurt Wallander, der ja auch im
deutschsprachigen Raum einige Anhänger hat. Per, der mich hier auf seiner Couch
schlafen lässt, hat auch erst am Abend für mich Zeit, und so habe ich den
ganzen Nachmittag für mich. Nachdem ich glücklicherweise meinen Rucksack in der
Tourismusinformation lagern darf, mache ich mich gleich mal auf den Weg, um die
Stadt zu erkunden.
Ystad ist ganz anders als Malmö, kleiner, niedlicher, und
trotzdem: Nach Malmös Weitläufigkeit fühle ich mich hier im ersten Moment fast
ein wenig erschlagen von den engeren Straßen, auf denen sich teilweise die
Menschenmassen tummeln. Ich drehe meine Runde, lasse mich von den kleinen,
bunten Häusern und den urigen Innenhöfen verzaubern, und flüchte schließlich in Fridolfs Konditori (dem
Lieblingscafé von Wallander).
Als ich mich knapp zwei Stunden später noch einmal auf den
Weg in die Stadt mache, erkenne ich sie kaum wieder. Die Menschen sind zum
größten Teil verschwunden, die Geschäfte geschlossen, und mir fällt ein: Ach ja,
es ist ja Karsamstag. Ich fühle mich gleich wieder viel entspannter, und
entdecke noch ein paar weitere lustige Kleinigkeiten, wie zum Beispiel dieses
Schild hier:
Ich glaub ich mag den schwedischen Humor.... |
Am Abend mache ich mich auf den Weg zu Per, und komme dabei
am Hafen vorbei. Die untergehende Sonne in Kombination mit den Wolken bietet mir
ein herrliches Lichtspiel am Abendhimmel, in graublaurosaviolett, an dem ich
mich fast nicht sattsehen kann. Es ist natürlich unmöglich dieses Licht mit
meiner Schnappschusskamera einzufangen, aber versuchen musste ich es trotzdem.
Abendhimmel am Hafen von Ystad |
Einmal bei Per angekommen, lassen wir den Abend mit einem
Glas Wein und einem Wallander-Film (was sonst) ausklingen.
Der Ostersonntag beginnt mit einem typischen schwedischen
Osterfrühstück mit drei verschiedenen Sorten eingelegten Heringen, Ei und
Kaffee. Danach machen wir uns gemeinsam auf den Weg, denn Per hat sich freundlicherweise
bereit erklärt, mich mit dem Auto zu Ales Stenar zu bringen. Vorher machen wir
aber noch einen kleinen Abstecher ins Filmmuseum in Ystad, das wir sogar durch
die Hintertür betreten können und so den Eintritt sparen. Die Gegend um Ales
Stenar ist wunderschön, Meer, Klippen, grüne Wiesen….und auch das Wetter meint
es wieder einmal sehr gut mit mir und beschenkt mich mit reichlich Sonne. Dass
ausgerechnet in Schweden die ersten Sommersprossen auf meiner Nase auftauchen
würden, damit hätte ich nicht gerechnet.
Ales Stenar |
Ein Platz in der Sonne |
Eine Landschaft in meinen Lieblingsfarben |
Am Heimweg besuchen wir eine Künstlerfreundin von Per, die
gemeinsam mit anderen KünstlerInnen in einem kleinen Häuschen am Straßenrand
ihre Werke ausstellt und verkauft. Um diese Jahreszeit findet man in dieser
Gegend an jeder Straßenecke irgendwelche Kunstausstellungen mit vielen
unterschiedlichen kreativen Werken, und klar, das gefällt mir, da fühle ich
mich gleich wohl.
Am Abend bringt Per mich und seine Tochter zu einer
Bekannten von ihnen, einer russischen Schauspielerin und Sängerin, die in ihrem
Wohnzimmer eine kleine Bühne aufgebaut hat, und dort eine One-Woman-Show mit
russischen Liedern und Tanz aufführt. Einzigartig und wieder so eins von den Dingen, die ich als "normale" Touristin bestimmt nicht erlebt hätte.
Theaterbühne im Wohnzimmer |
6. April – 8. April
Landskrona – Ven – Skåneleden
Am Montagmorgen nach dem Frühstück mache ich mich auf den
Weg nach Landskrona, und nachdem ich mir dort ein Zimmer in einem sogenannten Vandrarhem, also einem Hostel, genommen
habe, begebe ich mich gleich mal auf die Fähre, die mich auf die kleine Insel
Ven bringen soll.
Ankunft auf Ven |
Ven liegt zwischen Schweden und Dänemark und war unter
anderem der Sitz des dänischen Astronom Tycho Brahe, der dort 21 Jahre lang
lebte und forschte. Grundsätzlich kann man sich hier Fahrräder ausleihen, und
mit ihnen die Insel erkunden, aber es ist ja immer noch Ostern und so ziemlich
alles hat geschlossen. Macht aber gar nichts, ich beschließe einfach dem Radweg
zu Fuß zu folgen. Fast drei Stunden lang wandere ich über die Insel und bin
(mal wieder) begeistert.
Ich scheine ganz allein unterwegs zu sein, nur ein oder zweimal begegne ich anderen Menschen. Kurz bevor ich wieder zu meinem Ausgangspunkt zurückkehre, sehe ich die Fähre, die gerade wieder Richtung Festland abgelegt hat. Ich muss also eineinhalb Stunden auf die nächste warten, aber nicht einmal das kann meine Stimmung trüben. Ich bin selbst fast ein wenig überrascht davon, wie herrlich entspannt ich hier bin. Vielleicht liegt es daran, dass ich Urlaub habe, vielleicht daran, dass ich einfach beschlossen habe, entspannt zu sein, vielleicht auch ein bisschen am Land selbst. Sehr wahrscheinlich eine Kombination aus allem. Weil mich nichts treibt, und mir auch nichts davonläuft. Ich habe das Gefühl, dass mich rein gar nichts aus der Ruhe bringen kann, dass es völlig egal ist, ob ich einen Zug erwische, oder eben den nächsten nehme, dass es überhaupt nichts macht, wenn ich mich irgendwo dreimal verlaufe. Zumindest entdecke ich so immer wieder etwas Neues.
Ich scheine ganz allein unterwegs zu sein, nur ein oder zweimal begegne ich anderen Menschen. Kurz bevor ich wieder zu meinem Ausgangspunkt zurückkehre, sehe ich die Fähre, die gerade wieder Richtung Festland abgelegt hat. Ich muss also eineinhalb Stunden auf die nächste warten, aber nicht einmal das kann meine Stimmung trüben. Ich bin selbst fast ein wenig überrascht davon, wie herrlich entspannt ich hier bin. Vielleicht liegt es daran, dass ich Urlaub habe, vielleicht daran, dass ich einfach beschlossen habe, entspannt zu sein, vielleicht auch ein bisschen am Land selbst. Sehr wahrscheinlich eine Kombination aus allem. Weil mich nichts treibt, und mir auch nichts davonläuft. Ich habe das Gefühl, dass mich rein gar nichts aus der Ruhe bringen kann, dass es völlig egal ist, ob ich einen Zug erwische, oder eben den nächsten nehme, dass es überhaupt nichts macht, wenn ich mich irgendwo dreimal verlaufe. Zumindest entdecke ich so immer wieder etwas Neues.
Am Tag darauf fahre ich mit dem Zug zwei Stationen weiter
nach Rydebäck, und wandere von dort die 13 Kilometer auf einem Abschnitt des
Skåneleden, einem Wanderweg mit mehreren Etappen, zurück nach Landskrona. Der
Weg führt durch kleine Dörfer und zu einem großen Teil an der Küste entlang und
ich lasse mir Zeit, setze mich immer wieder mal an den Wegrand und lasse
Landschaft und Meer auf mich wirken.
Ich bin keine begnadete Fotografin, noch
dazu, wo ich oft das Gefühl habe, dass man Fotos nur selten für sich selbst
macht, sondern viel zu oft für andere (die sich dann aber irgendwie eh meistens nicht so richtig dafür interessieren), aber ich bin ziemlich gut darin, Bilder
auf meiner internen Festplatte abzuspeichern. Und der Vorteil davon ist, dass
ich dann gleich den passenden Geschmack und Geruch und das Gefühl mit
abspeichere. Der Skåneleden schmeckt für mich nach Butterkeksen und Eistee,
riecht salzig und stellenweise nach Algen, und ich fühle zwar meine Beine nicht
mehr, aber mich dafür einfach großartig.
Am Skaneleden |
Ein Blick zurück |
8. April – 10. April
Värnamo – Ljungby
Böse Zungen mögen ja behaupten, dass ich mir schon ein paar
seltsame Orte als Reiseziele ausgesucht habe, und ich wurde mehr als einmal
gefragt, was um aller Welt ich denn ausgerechnet in Landskrona oder in Ljungby
vorhabe. Nun, in Ljungby gibt es ein Märchenmuseum, das ich mir gern ansehen
wollte, und als sich auf meine Anfrage hin Lina und Anders aus Värnamo gemeldet
haben, und angeboten haben, mich bei ihnen aufzunehmen, da habe ich einfach
spontan ja gesagt, obwohl es nicht gerade der nächste Weg nach Ljungby ist.
Aber irgendwie genieße ich in Schweden sogar das Busfahren und kann gar nicht
genug von der Landschaft bekommen, die draußen an mir vorbeizieht. Lina und
Anders holen mich am Bahnhof in Värnamo ab und bringen mich zu ihrem Haus,
mitten im Wald. Für mich wurde extra das Gästegartenhaus beheizt. Wir
verbringen einen sehr gemütlichen Abend mit italienischem Essen und ich fühle
mich sofort wie zuhause.
Am nächsten Vormittag bin ich allein zuhause, gehe erstmal
eine Runde im Wald spazieren und setze mich dann auf die Stufen vor meinem
Häuschen mit dem letzten Rest Kaffee in die Sonne, bis Lina nach
Hause kommt, und mich nach dem Mittagessen wieder zum Bahnhof fährt. Dort nehme ich den Bus nach
Ljungby und besuche dort das Märchenmuseum, das zwar nur winzig ist, aber total
nett gemacht. Außerdem habe ich dort ein absolut großartiges Erlebnis. Nachdem
ich offensichtlich mal wieder die einzige Besucherin bin, kommt eine
Mitarbeiterin auf mich zu und fragt mich, ob ich Schwedisch spreche. „Nur ein
bisschen“, sage ich, woraufhin sie mir anbietet, mir eine kleine Führung auf
Schwedisch zu geben. Ich sage natürlich ja, und bin begeistert. Sie redet extra
langsam, mit Händen und Füßen, und ich verstehe natürlich längst nicht alles,
aber ich verstehe zumindest ungefähr die Hälfte, und kann auch ihre Fragen
souverän auf Schwedisch beantworten, was mich klarerweise gleich mal drei
Zentimeter größer werden lässt und dazu führt, dass ich das Museum mit einer
Extraportion Selbstbewusstsein verlasse und meine Schwedischkenntnisse auch
gleich im nächsten Geschäft austeste.
Das Haupthaus und das Gästehaus von Lina und Anders |
Wieder zurück in Värnamo lädt Lina mich und ihre Freundin
Karin in eine Pizzeria ein, und ich bin wirklich überwältigt von so viel
Großzügigkeit. Wir verbringen einen netten Abend zusammen, und am Heimweg nehmen wir den Umweg über einen See, damit ich möglichst viel von Schweden sehen kann. Spätestens jetzt
beschließe ich, dass ich ganz bald wieder herkommen muss.
Am nächsten Morgen fahren Lina und ich noch zum Store Mosse
Nationalpark. Es ist relativ kalt und windig, aber tapfer beschließen wir
trotzdem, zumindest die kleine Runde zu gehen.
Über schmale, teils wackelige
Holzplanken gehen wir über die Moorlandschaft, und wenn man bedenkt, dass auf
der Liste meiner irrationalen Ängste „Im Moor versinken“ spätestens seit der
Unendlichen Geschichte (ihr erinnert euch an Atreju und sein Pferd Atax?)
relativ weit oben steht, dann ist das schon eine ziemliche Leistung.
10. April – 13. April
Mit Lina im Store Mosse Nationalpark |
Der Weg über das Moor |
10. April – 13. April
Växjö – Lund
Am gleichen Nachmittag fahre ich weiter nach Växjö, einer
netten Stadt, in der man, wenn man es denn hat und das möchte, sicher viel Geld
loswerden kann. Belebte Einkaufsstraßen mit vielen Geschäften und Restaurants,
die zum Bummeln einladen. Nicht nur einmal bleibe ich stehen, um irgendeinem
Straßenmusiker zu lauschen, oder eine Auslage zu betrachten.
Der Name Växjö leitet sich von den Worten väg (Weg) und sjö
(See) ab, und tatsächlich gibt es mehr oder weniger mitten in der Stadt einen
gar nicht so kleinen See, den ich gleich einmal umrunden muss. Wenn ich zuhause nur halb so fleissig rumlaufen würde, wie in Schweden, wären mir bald meine Hosen zu groß, aber das mal nur so nebenbei...
Ich habe hier wieder ein Bett in einem Vandrarhem, in einem Schlafsaal, den ich aber allein bewohne. Und irgendwie kommt es mir sogar so vor, als würde ich generell der einzige Gast im ganzen Haus sein. Abends kann ich relativ lange nicht schlafen, da direkt neben dem Vandrarhem offensichtlich eine Party mit sehr viel Bass und sehr vielen gut gelaunten (und daher nicht gerade leisen) Leuten stattfindet. Ich bin gerade mal damit fertig, mir aus Klopapier Ohrenstöpsel zu basteln, als plötzlich zwei Polizisten mit Taschenlampen durch den Schlafsaal spazieren. Und nein, das hab ich nicht geträumt, denn die haben Schwedisch gesprochen, und so weit bin ich noch nicht, dass ich auf Schwedisch träume. Offensichtlich hatten die aber den Besitzer am Telefon, und wollten nur mal checken, ob denn auch die Hintertür versperrt ist. „There is a party outside, and a lot of young people”, teilen sie mir mit. Ja danke, hab ich noch gar nicht bemerkt.
Naherholungsgebiet in der Stadt |
Ich habe hier wieder ein Bett in einem Vandrarhem, in einem Schlafsaal, den ich aber allein bewohne. Und irgendwie kommt es mir sogar so vor, als würde ich generell der einzige Gast im ganzen Haus sein. Abends kann ich relativ lange nicht schlafen, da direkt neben dem Vandrarhem offensichtlich eine Party mit sehr viel Bass und sehr vielen gut gelaunten (und daher nicht gerade leisen) Leuten stattfindet. Ich bin gerade mal damit fertig, mir aus Klopapier Ohrenstöpsel zu basteln, als plötzlich zwei Polizisten mit Taschenlampen durch den Schlafsaal spazieren. Und nein, das hab ich nicht geträumt, denn die haben Schwedisch gesprochen, und so weit bin ich noch nicht, dass ich auf Schwedisch träume. Offensichtlich hatten die aber den Besitzer am Telefon, und wollten nur mal checken, ob denn auch die Hintertür versperrt ist. „There is a party outside, and a lot of young people”, teilen sie mir mit. Ja danke, hab ich noch gar nicht bemerkt.
Am nächsten Tag besuche ich in Växjö noch das “UtvandrarnasHus”, das die Geschichte der vielen Schweden erzählt, die Mitte des 19. Jahrhunderts
nach Amerika ausgewandert sind. Ein wirklich sehr gut gemachtes Museum, aber
auf gewisse Weise auch etwas bedrückend. Danach sitze ich noch eine Weile mit
meinem Buch am See, bis es mir dort zu windig wird, und ich beschließe, doch
lieber in der Wartehalle am Bahnhof auf meinen Zug nach Lund zu warten. Und
dort habe ich wieder mal eine Begegnung der dritten Art. Man stelle sich vor,
eine Österreicherin, die – ein englisches Buch lesend – auf einem Bahnhof in
Schweden sitzt, und plötzlich von ihrem Sitznachbarn gefragt wird, ob sie
vielleicht Spanisch spricht. Nun, das tue ich zufällig tatsächlich, nur leider
kann ich ihm seine Fragen zu einer bestimmten Verbindung nach Göteburg, die er
mir halb auf Spanisch, halb auf Schwedisch stellt, leider nicht beantworten und
ringe vergebens nach den richtigen Worten, die mir natürlich mal wieder nur in
allen anderen Sprachen einfallen. Sprachverwirrung de luxe. Als er mir dann
auch noch einfach so einen Energydrink anbietet, bin ich restlos überfordert
und lehne dankend ab. Dabei mag ich Energydrinks eigentlich wirklich gern.
Nach zwei Stunden Zugfahrt komme ich am Abend dann endlich
in Lund an, und begebe mich mehr oder weniger direkt zu der Adresse eines alten
Bekannten, den ich vor zehn Jahren in Neuseeland kennengelernt habe, und den
ich nun hier besuchen werde. Ich gebe zu, dass ich, so sehr ich mich auch darauf gefreut habe, vor dieser Begegnung ein
klein wenig nervös bin, denn zehn Jahre sind eine verdammt lange Zeit, in der verdammt
viel passiert ist. Als sich die Tür öffnet, steht vor mir ein fremder Mann, mit
einem mir bekannten Grinsen im Gesicht, der mich herzlich mit einer Umarmung
begrüßt, und keine zehn Minuten später sitzen wir bereits mit einem Bier auf
der Couch und unterhalten uns, als wären keine zehn Tage seit unserer letzten
Begegnung vergangen.
Die Studentenstadt Lund ist der perfekte Abschluss einer
perfekten Reise. Chillen auf der Couch, alte Fotos ansehen und Tränen dabei
lachen (und ein ganz klein wenig sentimental werden, aber das ist ja erlaubt), lange
Spaziergänge durch die Stadt, Eiscreme und Bier und sehr, sehr viel Spaß.
Irgendwie bin ich hier noch viel weniger Touristin, als ich es ohnehin bin. Ich lasse mich dazu hinreißen, zwei Meter von einem
wunderschönen Stoff um sehr viel Geld zu kaufen (nein, das muss man nicht kommentieren) und schaffe es sogar, den noch
irgendwie in meinem Rucksack unterzubringen. Am Dienstag schleiche ich mich um
halb sechs Uhr morgens still und heimlich aus der Wohnung, um meinen Zug nach
Malmö zu erwischen, von wo aus ich mich wieder auf den Weg nach Hause mache.
Mit einem Rucksack voller Souvenirs, Erlebnisse, Erinnerungen – und schmutziger
Unterwäsche. ;-)
Der Dom in Lund |
Die Universität ähnelt der in Graz |
Und hier bin ich jetzt. Körperlich vor zwei Tagen angekommen,
geistig immer noch irgendwo dazwischen, halb im Urlaub, halb voller Tatendrang.
Und ich bin ganz sicher: Schweden hat mich zwar zum ersten, aber bestimmt nicht zum letzten Mal gesehen.
Ich wusste ja gar nicht, dass du auch bei CS bist! Wenn du magst, kannst mich gern kontaktieren. Wir agieren dort schon seit Jahren als Familie unter dem Decknamen "Casa-OLCA" :)
AntwortenLöschenLiebe Grüße
von Olga